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Behindertengerechtes Wohnen

Behindertengerechte Wohnungen findet man in den meisten Immobilienanzeigen nur recht selten, obwohl eine barrierefreie Wohnung für Rollstuhlfahrer, Gehbehinderte oder Menschen mit einer anderen Erkrankung oft die einzige Möglichkeit ist, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Zwar gibt es für Behinderte spezielle Wohngruppen, Pflegeheime und Wohngemeinschaften, allerdings ist nur in einer behindertengerechten Wohnung bzw. in einem entsprechend eingerichteten Haus ein Familienleben möglich. Auch für die Pflege im Alter ist die Frage nach der Barrierefreiheit eines Wohnraumes nicht unbedeutend, vor allem, wenn ein Altenheim als Wohnmöglichkeit nicht in Frage kommt.

Eine behindertengerechte Wohnung muss ausführlich geplant und genau auf die Bedürfnisse der Bewohner abgestimmt sein. Menschen ohne Behinderung fällt es häufig schwer, sich in die Lage des Behinderten hinein zu versetzen und alle Hindernisse und Probleme in einem normalen Haushalt zu erkennen. Ist also eine behindertengerechte Wohnung bzw. die Umrüstung einer Wohnung oder eines Hauses geplant, so sollte man sich an einen Experten wenden, der sich vor Ort ein Bild von den Räumlichkeiten machen und beratend zur Seite stehen kann. Bei vielen gemeinnützigen Organisationen und Einrichtungen ist eine solche Beratung sogar kostenlos.

Geeignete Wohnungen für Behinderte

In einer normalen Wohnung, die nicht auf die Bedürfnisse eines Behinderten angepasst ist, lauern zahlreiche Tücken, die für die übrigen Familienangehörigen auf den ersten Blick meist gar nicht erkennbar sind. Treppen und Türschwellen können zu unüberwindbaren Hindernissen werden, Regale und Küchenschränke zu unerreichbaren Verstecken, Dusche, Toilette, Waschbecken und Badewanne können eventuell gar nicht benutzbar sein, häufig ist sogar schon der Weg ins eigene Bett eigenständig und ohne Hilfe nicht möglich. Wer sich aufgrund der Beschaffenheit seines Zuhauses nicht selbst versorgen kann, fühlt sich meist hilflos und ausgegrenzt, die Lebensqualität leidet erheblich unter dem nicht behindertengerechten Heim, denn Dinge, die eigentlich alltäglich wären, werden zu Unmöglichkeiten.

Nötig werden können solche Umrüstungsmaßnahmen beispielsweise dann, wenn jemand im Haushalt durch eine Krankheit oder einen Unfall an einer Behinderung leidet oder auch dann, wenn ein behinderter oder durch fortgeschrittenes Alter bewegungseingeschränkter Familienangehöriger aufgenommen wird. Die sogenannten Wohnungsnapassungsmaßnahmen, wie z.B. ein behindertengerechtes Bad, die dem Familienmitglied die Teilhabe am täglichen Familienleben und ein selbstbestimmtes Leben in der gewohnten Umgebung gewährleisten, sind meist kostspielig und erfordern viel Erfahrung. Die Kosten für den Umbau, der meist von Fachkräften durchgeführt werden muss, und den Erhalt des Zustandes, können durch den entsprechenden Träger nach Antragsstellung übernommen oder zumindest bezuschusst werden.

Unterschiedliche Behinderungen, aber auch der Schweregrad der jeweiligen Behinderungen, beeinflussen die Anforderungen an die sogenannte Barrierefreiheit, die dem Behinderten eine möglichst freie Bewegung und Interaktion im Wohnraum gewährleisten soll. Breite der Türen, die Anbringung von Treppen- oder Badewannenliften, die Höhe von Waschbecken und Toiletten und alles andere, was es verbindlich zu beachten gilt, sind durch das Deutsche Institut für Normung in einer DIN-Norm festgelegt. Hierbei unterscheidet die Norm zwischen öffentlichen Gebäuden und privaten Wohnungen und zwischen geistigen Behinderungen, Kleinwüchsigkeit, Sinnesbehinderungen, Großwüchsigkeit, Gehbehinderungen und sonstigen Behinderungen.

Betreutes Wohnen für Behinderte

Wer einen Angehörigen hat, der an einer Behinderung leidet, ist vertraut damit, wie viel Hilfe und Unterstützung diese Menschen benötigen, da sie viele, für die meisten Menschen normallen Alltagssituationen, wie beispielsweise das Treppensteigen, das Zubereiten von Essen, die Nahrungsaufnahme oder Pflegemaßnamen, wie Waschen und Zähneputzen nicht vollständig selbst oder nur teilweise selbst bewerkstelligen können. Bei fortgeschrittenen geistigen Behinderungen kann sogar eine Vollzeitpflege von Nöten sein, da diese sich sonst eventuell in gefährliche und für sie unlösbare Situationen, wie dem Straßenverkehr begeben. Andere Behinderte haben allerdings nur kleine körperlichen oder geistigen Einschränkungen und können viele Aufgaben selbst lösen. Daher ist bei vielen behinderten Menschen eine Betreuung in angepasstem Maßstab erforderlich.

Die Betreuung sollte sich dabei nach dem Grad der Einschränkung der behinderten Personen richten, also wie stark ein körperliches Gebrechen ist oder wie einschränkend eine geistige Behinderung ist. Vielen Menschen, die lediglich an einen Rollstuhl gefesselt sind, reicht beispielsweise meist eine rollstuhlgerechte Wohnung aus, um den Alltag relativ frei von fremder Hilfe überstehen zu können. Vielen Behinderten Menschen, bei denen die Einschränkung noch nicht zu groß ist, kann mit einem Betreutes Wohnen für Behinderte ein relativ selbstständiges und selbstbestimmtes Wohnen in einer angenehmen Umgebung ermöglicht werden. Hier können sich die behinderten Bewohner gegenseitig, soweit dies möglich ist, unterstützen und haben nicht permanent das Gefühl, dass sie von Dritten abhängig und hilfsbedürftig sind. Dies stärkt das Selbstbewusstsein und lässt sie lernen, mit vielen Aufgaben des täglichen Lebens umzugehen und diese zu meistern. Ist trotzdem einmal Hilfe von Nöten, ist diese jedoch auch schnell zur Stelle.

Ein Schritt für die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben

Betreutes Wohnen für Behinderte eröffnet diesen Menschen auf einfache Art Verantwortung zu übernehmen und seinen Alltag zu meistern, was Grundvoraussetzungen für die aktive Teilnahme an der Gesellschaft und das Beitragleisten zur Gesellschaft sind. Die Betreuung und Unterstützung auf diesem Weg erfolgt durch kompetente und geschulte Fachkräfte, wie Sozialarbeiter, Pflegepersonal, Erzieher oder Psychologen. Die Bewohner der betreuten Behinderten-Wohngemeinschaft lernen ihre Konflikte selbst und untereinander oder mit ihren Betreuern als Vermittler zu lösen und lernen so viel für den Alltag. Ziel ist dabei immer den Personen ein so selbstbestimmtes Leben wie nur möglich zu gewährleisten und nur minimale Hilfestellung, soweit nötig, zu geben. Im Idealfall lernen die behinderten Personen, wie sie ihr Leben vollständig ohne fremde Hilfe bewältigen und sind damit nicht mehr auf das betreute Wohnen angewiesen.

Barrierefrei bauen oder umbauen

Behindertengerechtes Bauen ist natürlich einfacher zu realisieren, wenn dies direkt bei einem Neubau eingeplant wird. Aber auch nachträglich sind viele Erleichterungen für ältere oder behinderte Menschen in Bereich des behindertengerechten Wohnens machbar. Selbst wenn man als Mieter bereits in einer gemieteten Wohnung lebt, besteht häufig die Möglichkeit das eigene Heim entsprechend umzubauen. Der Vermieter ist in vielen Fällen verpflichtet, einem Umbau zu einer behindertengerechten Wohnung zuzustimmen, um seinem Mieter die Nutzung der Wohnung weiterhin ermöglichen zu können.

Barrierefrei auch als Mieter leben

Seit dem Jahre 2001 benötigt der Mieter zwar immer noch die Zustimmung seines Vermieters, wenn er Umbauten an dem Mietobjekt vornehmen möchte, doch der Vermieter darf nur noch in seltenen Fällen behindertengerechtes Bauen oder Umbauen verweigern. Nur wenn andere Interessen überwiegen, ist es möglich, die Zustimmung zu verwehren. Dabei gilt der Anspruch des Mieters auch für die in seinem Haushalt lebenden Personen. Als Voraussetzung für einen derartigen Umbau und die Einwilligung des Vermieters ist eine dauerhafte körperliche oder auch in einigen Bereichen geistige Behinderung erforderlich, dafür ist aber nicht einmal ein Schwerbehindertenausweis nötig. Es ist auch egal, ob die Behinderung durch das Alter, eine Krankheit oder einen Unfall eingetreten ist, damit der Vermieter seine Zustimmung geben muss.

Soll nur innerhalb einer Mietwohnung umgebaut werden, wird ein Mieter in den weitaus häufigsten Fällen seinen Wunsch nach einem Umbau durchführen können. Dabei werden nicht nur Kleinigkeiten durch behindertengerechtes Bauen realisiert, sondern es können beispielsweise Türen verbreitert werden und Badewannen gegen barrierefreie Duschen ausgetauscht werden. Auch Stufen, die zum Beispiel zum Balkon führen können reduziert oder gänzlich abgebaut werden. Behindertengerechtes Bauen innerhalb der gemeinschaftlich genutzten Bereiche wie dem Treppenhaus oder dem Eingangsbereich kann durch den Vermieter aber weiterhin verweigert werden. Auch der Einbau eines Treppenlifts oder einer Rampe auf der gemeinsam genutzten Treppe wird mit einem Hinweis auf die Interessen der anderen Mieter normalerweise verweigert werden.

Wohnberater hilft bei der Planung

Ob als Mieter oder Hausbesitzer, es ist immer wichtig und spart auch Geld, wenn man sich im Vorfeld umfassend von einem Wohnberater für behindertengerechtes Bauen beraten lässt. Der Wohnberater kennt die Bedingungen für staatliche oder andere Förderungen, die für behindertengerechtes und barrierefreies Bauen beantragt werden können. Alle Förderungen, auch die von der KFW-Bank können nur gewährt werden, wenn der Antrag darauf vor dem Beginn einer Maßnahme vorliegt. Genauso verhält es sich bei der Förderung für betreutes Wohnen, wenn man dies vielleicht in den umgebauten Räumen realisieren möchte. Verschiedene Wohnformen für Senioren können mit einer guten Förderung leichter durchgeführt werden.

Für altersgerechtes Wohnen sind Immobilien ebenfalls schwer zu finden. In einer herkömmlichen Wohnung wird die häusliche Pflege stark erschwert. Allein das Waschen des Pflegebedürftigen in einem altmodischen Badezimmer ist ein Kraftakt für den Pflegenden und für den Behinderten oft eine Tortur. Gerade behindertengerechtes Bauen bei einem Neubau oder bei einer Eigentumswohnung kann sich neben der Erleichterung für den behinderten Bewohner auch in wirtschaftlicher Hinsicht lohnen. Der Wert der Immobilie wird durch diese Wohnraumanpassungen in der Regel erheblich gesteigert.

Behindertengerechtes Bad

Normale Bäder verfügen über Duschwannen und Badewannen mit hohen Rändern. Die Waschbecken und Toilettensitze sind so hoch angebracht, dass ein behinderter Mensch ohne Hilfe hier nicht zurechtkommt. Die Türrahmen erweisen sich gerade bei Badezimmern häufig als viel zu eng. Außerdem bereitet die Türschwelle Probleme, wenn ein gehbehinderter Mensch oder ein Rollstuhlfahrer in das Bad möchte. Viele ältere Menschen haben ein hohes Schamgefühl. Sie schließen die Tür ab, wenn sie sich der Körperhygiene widmen oder die Toilette besuchen müssen. Wenn es ihnen dann nicht gut geht, kann es schwierig werden, zu helfen, wenn erst die Tür aufgebrochen werden muss.

Bei Neubauten wird inzwischen in den meisten Fällen von Anfang an ein behindertengerechtes Bad eingeplant. Die Kosten sind sehr viel niedriger, als wenn erst später ein Komplettumbau des gesamten Bades notwendig wird. Der ganze Raum muss groß genug sein, damit die notwendigen Hilfsmittel Platz haben, und sich der Behinderte und möglicherweise auch eine Pflegehilfe gleichzeitig darin bewegen können. Der Türrahmen wird so breit gestaltet, dass ein Rollstuhlfahrer problemlos mit seinem Rollstuhl hindurchfahren kann. Auf eine Schwelle, die zur Stolperfalle werden könnte, wird verzichtet. Die Türen eines Bades, das für Behinderte und alte Menschen eingerichtet wird, sollten immer nach außen aufgehen und auch von außen zu öffnen sein. So kann in Notfällen gleich jemand zu Hilfe kommen, wenn etwas passiert.

Spezielle Vorrichtungen für Behinderte und alte Menschen

Im Inneren erleichtern einige Umbauten die Benutzung des Bades. Lichtschalter werden in einer Höhe angebracht, aus der sie auch im Sitzen erreicht werden können. Die Dusche wird ebenerdig installiert, sodass auch ein Rollstuhlfahrer bequem hineinfahren kann. Die Dusche selbst wird so groß geplant, dass auch noch Platz für eine Pflegekraft bleibt, die für die körperliche Hygiene sorgt. Für ältere Menschen, die zwar gehen und sehen können, aber nicht mehr ganz sicher auf den Beinen sind, kann ein Duschstuhl eine große Hilfe sein. Festhaltegriffe, die leicht erreichbar sind, werden nicht nur in der Dusche, sondern überall im Raum angebracht. Das Baden in der Badewanne ist eine echte Herausforderung. Der Einbau einer Wanne mit Tür, in die der Behinderte einfach in die Wanne gelangt, kann eine Lösung sein. Das Wasser wird erst eingelassen, wenn die Person sicher sitzt. Das langsam zulaufende Wasser ist allerdings nicht jedermanns Sache. Ein Badewannenlift ermöglicht es, den Behinderten oder älteren Menschen vorsichtig in die Wanne zu heben. Ohne fremde Hilfe ist das jedoch nicht möglich.

Die Toilettenbecken werden niedriger angebracht als in normalen Bädern, damit Rollstuhlfahrer möglichst ohne fremde Hilfe auf dem Rollstuhl auf den Sitz gelangen. Haltegriffe neben der Toilette sorgen für festen Halt. Der Platz zwischen Toilette und anderen Einrichtungsgegenständen muss groß genug sein, dass mit dem Rollstuhl hin- und herrangiert werden kann. Ein behindertengerechtes Bad lässt sich mit Waschtischen ausstatten, die sich in der Höhe verstellen lassen. So können sie für Rollstuhlfahrer so tief gestellt werden, dass er den Wasserhahn erreichen kann. Unter dem Waschtisch wird auf Rohre oder Schränke verzichtet, damit auch der Rollstuhl unter das Becken passt. Haltegriffe gehören neben das Waschbecken.

Finanzierungsmöglichkeiten prüfen

Die Umbauten für ein behindertengerechtes Bad können gerade bei älteren Häusern sehr teuer werden. Vor allem wenn das Bad sehr klein ist und vergrößert werden muss, entstehen sehr hohe Kosten. Kostspielig ist das Vergrößern der Türen, um sie für Rollstühle passierbar zu machen, und auch die anderen Hilfsmittel verursachen Ausgaben, die für den Privatmenschen kaum finanzierbar sind. Die Frage nach der Bezahlbarkeit dieser Maßnahmen stellt sich bei fast allen Pflegefällen. Es kann sich lohnen, die Pflegeberatung der Krankenkasse oder von sozialen Einrichtungen in Anspruch zu nehmen. Eine Teilfinanzierung lässt sich so häufig durchsetzen. Ist für den Pflegebedürftigen eine Pflegestufe festgestellt, kann ein Teil der Kosten in jedem Fall geltend gemacht werden.

Trotz der hohen Kosten kann es sich lohnen, für ein behindertengerechtes Bad zu sorgen. Dem alten Menschen bleibt auf diese Weise möglicherweise der Umzug in ein Altenheim erspart. Mit einer guten Ausstattung, die auf die Gebrechen des Pflegebedürftigen ausgerichtet ist, lässt sich die Pflege im Alter so gestalten, dass der Lebensabend in Würde und der gewohnten Umgebung verbracht werden kann. Die Alternative betreutes Wohnen zu Hause ist sicherlich die Wünschenswerteste für alle alten und behinderten Menschen.


Gabriele Dreher

Ich habe lange Zeit in Altenpflegeeinrichtungen gearbeitet und versuche, verschiedene Aspekte meiner Arbeit kritisch zu beurteilen, ohne die Voreingenommenheit, die das Urteil so vieler langjähriger Fachleute im Gesundheitswesen trübt. Meine Ansichten sind meine eigenen. Alle konstruktiven Rückmeldungen und Meinungen sind erwünscht.


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